Mount Rainier National Park. Der Blick nach oben zeigt zwischen den hohen Baumwipfeln viel mehr blauen Himmel. Es scheint ein schöner Tag zu werden. Wir fahren los, um uns einen Stellplatz für die nächsten zwei Nächte zu sichern. Kaum losgefahren, sehen wir durch eine Baumlücke den Mount Rainier in seiner ganzen Pracht und machen schon mal ein Foto von ihm. Die Vorfreude, ihn heute wandernd noch von näher zu sehen, steigt.
Auf dem von uns gewünschten Campground können wir sogar noch zwischen diversen freien Plätzen auswählen. Nachdem das also geklärt ist, fahren wir weiter zum sogenannten «Paradise», dem Ausgangspunkt für diverse Wanderungen. Auf der Hinfahrt ist der Mount Rainier, der mit 25 Gletschern überzogen und ein aktiver Vulkan ist, immer wieder zu sehen, und das bei blauem Himmel. Im «Paradise» angekommen, wird schnell klar, dass wir nicht die einzigen sind, die das schöne Wetter und das herrliche Panorama geniessen wollen – und auch, dass der Park nicht für Camper ausgebaut ist. Bereits beim Parkeingang musste die Wächterin aus ihrem Häuschen aussteigen und uns eine extra Spur öffnen, weil wir von der Höhe her nicht durch das Tor passten. Hier nun die viel zu kleinen Parkfelder, die aber ja sowieso nicht mehr frei waren. Erst 1 Kilometer weiter unten können wir parken – um dann auf der Strasse entlang der endlos an der Seite parkierten Autos wieder hochzulaufen. Für unseren Sohn ist diese ungewollte Wanderung eine Freude und bis auf die Automarken, die es in der Schweiz nicht gibt, nennt er alle beim Namen. Bei «Paradise» angekommen, ist dafür seine Wanderlust schon gestillt und zu unserem Entsetzen der Berg und das ganze Panorama im Nebel verschwunden. Wie aus dem Nichts kam dieser auf und hüllte bald alles ein. Dieser Berg scheint eine Art fieses Versteckspiel mit uns zu spielen.
Dani wandert trotz des Nebels los und ich bleibe mit dem Sohnemann im Visitor Center. Als Dani um 17:00 Uhr noch nicht zurück ist und über die Lautsprecher verkündet wird, dass das Center in einer halben Stunde schliesst, mischen sich in meine Gedanken auch ein paar Sorgen. Empfang hat man hier draussen natürlich keinen. Ich bin dankbar, als Dani um 17:20 Uhr wohlbehalten wieder auftaucht. Nebst Nebel, hat er diverse Tiere, darunter auch einen Schwarzbären gesehen. Seine Kamera konnte ihn aber auf Grund des Nebels nicht erfassen.
Der Tag hat uns wieder einmal gelehrt, wie schnell das Wetter in den Bergen umschlagen kann. Wir geben aber noch nicht auf und werden dem Berg noch einmal einen Besuch abstatten.
Zuerst geniessen wir aber einen Tag rund um den Camping und wandern zu den Silver Falls.
Ein neuer Tag, ein neuer Versuch, das Versteckspiel zu gewinnen. Zwischen den Bäumen sehen wir erneut blauen Himmel. Wir fahren bei Sonnenschein los – jetzt kriegen wir diesen Berg! Doch zu früh gefreut. Kurz vor «Paradise» wird klar, dass sich der Grosse auch heute wieder vor uns versteckt. Die Sonne drückt zwar durch und es blendet, die Sicht ist aber beinahe Null.
Wir hoffen auf einen Parkplatz näher beim Visitor Center, aber auch das vergebens. Es zeigt sich das gleiche volle Parkplatzbild, wie beim letzten Mal. Immerhin sind es heute nur gut 900 Meter, die wir wieder hochlaufen müssen. Unser Sohn kommt also noch einmal in den Genuss der langen Autokolonne-Wanderung. Oben essen wir zuerst Zmittag in der Hoffnung, dass sich der Nebel wieder verzieht. Was aber leider nicht eintrifft. Wir wandern dennoch los und sehen Murmeltiere, Streifenhörnchen und Rehe.
Kurz vor dem Visitor Center, wir sehen schon das Gebäude, versperren uns zwei Ranger den Weg. Eine Schwarzbärenmama sei mit ihrem Kleinen auf dem Gelände und der Weg deshalb aus Sicherheitsgründen gesperrt. Wir dürfen also einen Umweg laufen. Nach der Umrundung sehen wir die Bärenmama. Sie isst genüsslich Beeren und hebt kaum einmal den Kopf. Kaum gesichtet, verdichtet sich der Nebel noch stärker und es setzt leichter Regen ein. Der kleine Bär hat auf einem Baum gewartet und klettert jetzt tapsig, aber gekonnt hinunter. Die ganze Szene kann wegen des Nebels weder von unseren Augen noch von der Kameralinse so richtig scharf wahrgenommen werden. Grosse Freude und Frust vermischen sich.
Das Versteckspiel hat der Berg gewonnen, die schemenhaften Einblicke bleiben aber in guter Erinnerung.
Nach vier Tagen ohne Strom- und Wasseranschluss können wir uns heute den Luxus einer Dusche gönnen.Morgen geht unsere Fahrt weiter, bis zum Meer.